Die folgende Geschichte war – soweit ich mich daran erinnern kann – in dem Schulbuch der zweiten Klasse. Ich habe sie, besser gesagt deren Sinn, bis heute nicht vergessen. Es ist sehr lange her und daher versuche ich die Geschichte sinngemäß wiederzugeben.
Ein Wanderer startet seine Wanderung und bemerkt, dass ein kleiner Stein in seinem Schuh ist. Am Anfang versucht er, den Stein zu ignorieren und wandert weiter. Die durch den Stein verursachten Störungen werden immer mehr. Der Stein “pikst” und “sticht” ihm bei jedem Schritt. Er versucht, den Stein beim Wandern durch Fußbewegungen in die Hohlräume zwischen Fuß und Schuhe zu schieben. Der Stein rutscht immer wieder nach vorne Richtung Zehen oder Richtung Ferse. Der Wanderer läuft weiter und versucht immer wieder, den Stein so in die Hohlräumen zu schieben, damit er ihn nicht stört. Er denkt sich: “Bei der nächsten Gelegenheit werde ich die Schuhe ausziehen und den Stein rausholen”. Es ist eine Wanderung durch eine wunderschöne Landschaft. Der Stein hindert den Wanderer, seine volle Aufmerksamkeit der Schönheit der Wanderung zu widmen. Der Stein stört ihn weiterhin und er hat inzwischen alle Bewegungstricks ausprobiert, den Stein in die Hohlräumen zu befördern. Trotzdem stört ihn der Stein weiterhin bei jedem Schritt. Irgendwann gibt er auf, setzt sich hin, zieht seine Schuhe aus und holt den Stein raus. Nach dem er seine Wanderung fortsetzt, merkt er, wie befreit er geworden ist und denkt sich: “Hätte ich doch den Stein bereits am Anfang entfernt, hätte ich auch den Weg bis hierhin noch mehr genießen können.”
Die Geschichte gefällt mir sehr. Ich gehe davon aus, dass jeder von uns mindestens einmal in diese Situation gekommen ist. Wir haben die Geschichte selbst erlebt. Wir haben kleine, große Steine oder andere Gegenstände im Schuh gehabt, die uns gestört haben und wir sind trotzdem weitergelaufen und haben und irgendwann doch von der Störung befreit.
Diese Geschichte gibt mir unter anderem die folgenden Impulse:
- Schleppe keine Steine mit dir rum, wenn du sie sofort loswerden kannst. Steine, im Sinne von Störungen, unnötigen Gedanken, vergangenen Fehlern, Konflikten usw. Mit einem Stein im Schuh weiterlaufen, kann zusätzlich zu kaputten Socken führen und verletzte Fußsohlen hinterlassen.
- Wenn du etwas sofort erledigen kannst, dann erledige es sofort. Erledigen auch im Sinne von schaue dir “den Stein” wenigstens an und dann entscheide was du damit machen möchtest. Es kann doch sein, dass der Stein ein Edelstein ist, und du ihn als Schmuckstück weitertragen kannst, anstatt als “Störung im Schuh”.
- Anstrengungen, eine Störung temporär zu beseitigen kostet mehr Energie, Lebensfreude und Nerven, als die Störung mit wenigen Handgriffen für immer zu beseitigen.
- Jeder Augenblick ist der beste Augenblick etwas in Angriff zu nehmen, statt auf eine geeignete Gelegenheit zu warten.
- Ignorieren verstärkt die Störung und deren Folgen. Ignorieren führt nur kurzfristig zu Störungsfreiheit, einer scheinbaren Freiheit, die du dir selbst vormachst.
Ich gehe davon aus, dass dir ebenfalls weitere Metaphern, Erlebnisse o.ä. in Erinnerung kommen, die du mit dieser Geschichte verbindest.
Ich hoffe, dass die obigen Impulse dazu dienen, deine Wanderung durch das Leben besser genießen zu können. Befreit von jeglichem “Stein im Schuh”, in dem du aktiv dafür sorgst, dass die Störungen sofort betrachtet, bewertet und beseitigt werden.
3 Antworten auf „Stein im Schuh!“
Danke Ali, eine schöne und wahre Geschichte. Leider ist es nicht immer so einfach mit den Steinen, manchmal findet man sie nicht, oder man trägt Stiefel, die sich nicht so leicht ausziehen lassen 😉
Vielen lieben Dank liebe Christine
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