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Feedback ist ein Geschenk!

Ich wohne seit fast 35 Jahren im “Ländle”. Und seit fast so vielen Jahren habe ich einen Freund, der – sozusagen – mein Lehrer für die schwäbische Sprache ist. Bei jeder Gelegenheit lerne ich etwas von ihm. Und fast immer sind schöne Überraschungen dabei, wie diese hier zum Beispiel: Es geht um den Unterschied zwischen “Dackel” und “Halbdackel”. Er meinte, wenn jemand zu dir “Dackel” oder “du Dackel” sagt, sei das lieb gemeint. Es bedeutet eher so was wie “Du bist frech!” oder es ist ein Ausdruck der Bewunderung bzw. Anerkennung. Wenn jemand dich aber einen “Halbdackel” nennt, ist es ein Schimpfwort. D.h. du bist nicht einmal ein “richtiger” “Dackel”. Aus meiner Sicht enthält diese Geschichte drei Anhaltspunkte, die ich gerne nachfolgend näher beschreibe. 1. Adressatengerechtes Feedback geben, 2. Niemals jemanden beleidigen 3. Selbst wissen, wer wir tatsächlich sind.

Ich bitte um Verständnis, dass ich für diese Beschreibung die Begriffe wie Schenkender, Beschenkter, Feedbackgeber oder Feedbacknehmer in männlicher Form verwende. Sie gelten auch für die weiblichen Aktoren.

  1. Adressatengerechtes Feedback geben:
    Je nach dem, in welchem Bundesland, in welcher Umgebung oder in welchem Verein wir den Ausdruck “du Dackel” verwenden, kann das zu ungewollten Auswirkungen führen.
    Ich sehe Feedback als Geschenk. Mit dieser Metapher können wir sowohl als Feedbackgeber (Schenkender) als auch als Feedbacknehmer (Beschenkter) die notwendigen Vorbereitungen treffen und uns das geeignete Verhalten aneignen. Beim Schenken kommt es darauf an, was wir wem in welcher Umgebung schenken. Aus der Erfahrungen eines Teilnehmers meines Trainings aus der Schweiz habe ich folgendes gelernt: Es ist eine große Beleidigung jemanden im Russland beim ersten Besuch ein (Schweizer Taschen-) Messer zu schenken (Die Gründe dafür habe ich leider vergessen). Das Geschenk an sich ist ein sehr wertvolles Gut und es gibt zahlreiche Menschen, die sich darüber freuen würden. Aber v.a. der Kultur-Aspekt ist immer im Auge zu behalten. Auch beim Schenken überlegen wir uns vorher, was wir jemanden warum schenken und ob der Beschenkte (Feedbacknehmer) damit was anfangen kann. Überlegen wir es uns genauso ausreichend, wenn wir jemandem Feedback geben wollen? Ich hoffe und empfehle es dir. Zusätzlich sollten wir dem Beschenkten alle Informationen mitgeben, die er für die Nutzung des Geschenkes benötigt. Zum Beispiel, warum wir ihm überhaupt etwas schenken, warum wir ausgerechnet dieses Geschenk ausgesucht haben. Was ist bei dessen Nutzung zu beachten? Die Antworten auf diese und weitere Fragen hilft uns auch als Schenkender bei der Vorbereitung und Auswahl des Geschenkes. Wir beschäftigen uns als erstes mit der Person selbst als Mensch bevor wir einfach und schnell ein Geschenk (Feedback) “loswerden” oder unsere „Pflicht“ wahr genommen haben.
  2. Niemals jemanden beleidigen:
    Ich gehe davon aus, dass niemand jemanden etwas schenkt mit dem Ziel, diese Person zu beleidigen. Eine Beleidigung ist so eine Art Offenbarung der eigenen Unfähigkeit und Charakterlosigkeit. Unsere Rückmeldungen sind Selbstoffenbarungen und Spiegel unserer Beziehung zu dem Feedbacknehmer. (Dazu hoffentlich mehr in einem anderen Blog). Das bringt uns dazu, vor dem Feedbackgeben darüber nachzudenken, was wir damit erreichen möchten. Welche Wirkungen soll unsere Rückmeldung haben?
  3. Selbst wissen, wer wir tatsächlich sind:
    Als Beschenkter haben wir die Möglichkeit zu erfahren, wie die anderen uns sehen. Welche Außenwirkung wir haben? Das Feedback ist eine große Chance unser Eigen- und Fremdbild gegenüberzustellen und daraus zu lernen. Jedes Feedback ist ein großes Geschenk, dass der Feedbackgeber uns gibt. Ja jedes, auch solche, die auf dem ersten Blick unpassend sind, uns als Dackel oder Halbdackel betiteln oder als Kritik wahrgenommen werden. Jeder Schenkende hat es verdient, dass wir sein Geschenkt öffnen, uns bei ihm bedanken und daraus das Beste für uns daraus mitnehmen. Jedes Feedback bringt uns weiter. Wenn wir uns und unsere Stärken und Schwächen genauer kennen und daran arbeiten, bekommen wir die notwendige Offenheit jedes Feedback dankend entgegenzunehmen. Wir würden z.B. “ein Taschenmesser” als Geschenk bei der ersten Begegnung dankend annehmen, wenn wir uns mit der Kultur, Umgebung, Herkunft des Feedbackgebers und mit seinen Gründe beschäftigen. Beschäftigen, indem wir uns mit dem Schenkenden selbst beschäftigen oder ihn mach seinen Gründen fragen. Ja, die Person nach ihren Beweggründen, Ursachen und Ziele fragen, die sie uns mit diesem Geschenk geben wollte. Dabei ist unsere innere Einstellung wichtig. Die innere Einstellung, aus den Antworten tatsächlich die Gründe erfahren und daraus lernen zu wollen, anstatt uns evtl. zu rechtfertigen. Jede Art “Rechtfertigung” ist fehl am Platz und ist immer zu vermeiden. Nur mit Offenheit können wir an dem Geschenk jahrelange Freude haben, der Person lebenslang dankbar sein und gemeinsam weitere wunderbare Momente erleben.

Feedback bedeutet auf Deutsch Rückmeldung. Wir haben eine “Meldung” gegeben und bekommen dazu eine “Rückmeldung”. Die Meldung durch unser Verhalten, unsere Aussagen oder Taten. Und die Rückmeldung zeigt, wie sie bei dem Anderen angekommen ist. Die Wirkung ist unabhängig davon, ob sie von uns beabsichtigt war oder nicht. Es ist ein Fremdbild, das wir nutzen, um unser Eigenbild erweitern und unser “blinden Flecken” verkleinern zu können.

Die Metapher zeigt uns auch hilfreiche Unterschiede zwischen Feedback und Geschenk. Diese sind: a) ungefragt jemanden etwas schenken b) jemanden um ein Geschenk bitten.

a) Ungefragt jemanden etwas schenken:
Natürlich können und ggf. sollten wir allen, die uns wichtig sind, etwas Geeignetes schenken. Beim Feedback sollten wir uns aber zurückhalten. Es ist erstaunlich, wie oft wir jemandem ungefragt Feedback geben. Meine Empfehlung: vermeide es, jemanden ungefragt Feedback zu geben. Und wenn du es unbedingt für wichtig hältst, dann frage die Person zuerst, ob er von dir ein Feedback haben möchte? Nur wenn die Person die Frage mit ja beantwortet, schenke ihr deine Wahrnehmung. Und sei dir bewusst und betone, dass es deine Wahrnehmung ist und diese ggf. falsch seien kann.

b) Jemanden um ein Geschenk bitten:
Dieser Unterschied finde ich großartig. Im Gegenteil zum Geschenk, können, dürfen und sollten wir jede Gelegenheit nutzen und unsere Familie, Freunde*innen, Mitarbeiter*innen, Kollegen*innen – kurz gesagt unsere Mitmenschen — um Feedback bitten. Vermeide es, dabei die Anderen zu drängen, dir Feedback zu geben. Feedback ist eine große Chance, persönlich zu wachsen.

Zusammengefasst:

  • Als Feedbacknehmer:
    • Betrachte das Feedback als ein Geschenk. Freue dich über das Geschenk und schätze und respektiere den Feedbackgeber (Schenker) dafür  
    • Bedanke dich bei dem Feedbackgeber für jedes Feedback, auch wenn es für dich auf dem ersten Blick ungeeignet oder fehl am Platz erscheint
    • Vermeide streng Rechtfertigungen
    • Nutze jedes Feedback als eine Chance zu wachsen
    • Hole so oft wie möglich Feedback ein
    • Sei dir bewusst, dass du und nur du entscheidest, ob und wie du mit einem Feedback umgehst. Dieses Bewusstsein gibt dir die notwendige Freiheit und Stärke, jedes Feedback als Geschenk zu sehen und jeden Feedbackgeber wertzuschätzen
  • Als Feedbackgeber:
    • Betrachte das Feedback als ein Geschenk. Bereite dein Feedback ausreichend vor. Und wenn du dafür Zeit brauchst, nimm dir die Zeit
    • Gebe niemals ungefragt Feedback
    • Fange dein Feedback immer mit “ich” oder “meine Wahrnehmung”. “Ich habe es so verstanden, dass …”. “Bei mir ist es so angekommen, …”. “Meine Wahrnehmung ist – und es kann falsch sein -, dass …”
    • Gebe nur Feedbacks, mit denen der Feedbacknehmer etwas anfangen und sie auch umsetzen kann

 Ich wünsche dir zahlreiche Feedbacks von den Menschen, die mit dir leben, arbeiten und Zeit verbringen. Ich wünsche dir, dass du jede einzelne Rückmeldung für dich analysierst und daraus das Beste gewinnst. Ich wünsche dir, dass du alle wertschätzt und ihnen deine Dankbarkeit entgegenbringst. Ich hoffe, dass du dich vorher gut vorbereitest und dein Feedback genauer durchleuchtest, wenn du jemanden Feedback gibst.

Feedback, ein Geschenk und eine großartige Möglichkeit zu wachsen. Ich hoffe, dass diese Impulse dir als Motivation dienen, dich mit dem Thema detaillierter zu beschäftigen. Und dass du hoffentlich die Erkenntnisse daraus bei deinem nächsten Feedbackgeben oder Feedbacknehmen anwendest.

Ich freue mich sehr auf dein „Geschenk“ in Form von Rückmeldungen und Kommentaren auf diesen und meine weiteren Blogs.

2 Antworten auf „Feedback ist ein Geschenk!“

Lieber Ali,
wie schön, am Morgen schon so einen tollen, heiteren und bereichernden Artikel lesen zu können, der noch dazu mit einem Dackel beginnt, wo ich doch so eine große Hundefreundin bin!

Im schwäbischen Gebrauch, würde ich dir gern als Feedback dazu geben, dass du wirklich ein Dackel bist :-)). Ich bewundere deine Fähigkeit, die Dinge so auszudrücken wie du das tust – ohne belehrend oder wertend zu sein. Und dabei ist immer auch eine kleine Prise Humor und ich sehe dabei dein (verschmitztes) Lächeln ;-).

Hier im Ruhrgebiet wäre mit Dackel eine andere Eigenschaft verknüpft, deshalb schenke ich dir ein Feedback aus unserer Mundart:

DU BIST EIN SCHÄTZEKEN ! :-))

In diesem Sinne alles Liebe und ein schönes Wochenende!

Ulli

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