Die Teilnehmer*innen meiner Trainings kennen meine Antwort „das Thema thematisieren“ auf einige Fragen, die um Verbesserung von Einzel- und Gruppengesprächen gehen. In diesem Blog stelle ich dir gerne das Thema thematisieren vor.
Jeder von uns nimmt täglich in unterschiedlichen Gesprächen teil. In vielen Situationen beteiligen wir uns aktiv an dem Gespräch, reden mit, beeinflussen den Verlauf, tragen zum Fortschritt und zu dem Ergebnis bei. In anderen Situationen nehmen wir eher eine passive Rolle an. Und in weiteren Situationen beteiligen wir uns mal aktiv und mal ziehen wir uns zurück. Unser Verhalten in allen diesen Fällen hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Einer diese Faktoren ist, ob das Gespräch aus unserer Sicht so geführt wird, wie wir es uns wünschen bzw. vorgestellt oder angenommen haben. Sobald der Verlauf des Gespräches nicht dem spricht, was wir uns wünschen bzw. vorgestellt oder angenommen haben, fangen wir mit so einer Art „Parallelgespräch“ an. Ein „Parallelgespräch“ mit uns selbst, das meist aus zahlreichen Fragen besteht. Fragen wie z.B. :
- Was ist eigentlich das Ziel des Gespräches?
- Bin ich eigentlich hier richtig?
- Was erwarten sie von mir?
- Ist das Thema nur für mich unklar oder verstehen andere das auch nicht und sagen nur nichts?
- Haben wir alle dasselbe Ziel bei diesem Gespräch?
- Wir haben uns doch bisher öfter diesbezüglich getroffen und kein Ergebnis erzielt, warum glauben wir, dass wir diesmal zu einem Ergebnis kommen?
- Ist allen klar, dass wir das Ziel verfehlen, wenn wir so weitermachen?
- Wir sind doch alle erwachsene Menschen, warum reden wir so miteinander?
- Fällt nur mir auf, dass das Gespräch aus dem Ruder gelaufen ist bzw. planlos fortgeführt wird?
Dieses „Parallelgespräch“ führt dazu, dass wir nicht mehr aktiv dabei sind. Unser Gehirn ist jetzt überwiegend damit beschäftigt, viele Fragen zu formulieren und evtl. Antworten dafür zu finden, die nur unsere Antworten sind. Manchmal reden wir sogar nach dem eigentlichen Gespräch mit anderen darüber, die nicht an dem Gespräch beteiligt waren. Wir finden selbst Antworten auf die obigen Fragen. Für einige Fragen akzeptieren wir die Antworten der Unbeteiligten. Und manche Fragen bleiben unbeantwortet. All dies führt dazu, dass wir nir ungern an zukünftigen Gespräche überhaupt teilnehmen oder ggf. nur passiv sind. Wie wäre es, wenn wir unsere Fragen an die tatsächlichen Gesprächspartner*innen adressieren? Wie wäre es, wenn wir unsere Gedanken, Wahrnehmungen, Fragen bzgl. des Gesprächs selbst zum Thema des Gespräches machen? Und genau das nenne ich „das Thema thematisieren“.
Wenn wir die Wahrnehmung haben, dass z.B. das Gespräch sein Ziel verfehlen wird, dann sollten wir genau diese Wahrnehmung offen kundtun. Nur damit bekommen alle Gesprächsbeteiligten unsere Wahrnehmung mit und legen auch ihre eigene Wahrnehmung offen. Wir sollten z.B. ebenfalls ansprechen, wenn wir nach mehreren Gesprächen das Gefühl haben, dass etwas unseren Fortschritt verhindert.
Das Thema thematisieren führt zu einer Art „Metakommunikation“ mit zugehörigen Regeln (Mehr zu „Metakommunikation“ siehe z.B. Gernot Graeßner; Moderation; das Lehrbuch Gruppensteuerung und Prozessbegleitung; 2013; Ziel Verlag). Die Gesprächsbeteiligten gehen in eine Art „Reflektion über das Gespräch selbst“ und verlassen das „vorgesehene Gesprächsthema“. In dieser Reflektion werden die Situation und der Zustand selbst beschrieben, in dem sich das Gespräch und die Gesprächsbeteiligten befinden. Dafür werden sowohl die Wahrnehmungen angesprochen und berücksichtigt als auch die Spannungen, Hintergründe, interne und externe Einflüsse und emotionale Themen. Die obengenannten Fragen werden zu Erläuterungen und Hintergründen verwandelt und von den einzelnen angesprochen. Das Thema thematisieren unterschiedet sich genau in diesem Punkt. Es werden nicht Fragen formuliert und erwartet, dass die restlichen Beteiligten die Antworten geben, sondern die Fragen dienen dazu, die möglichen Störungen zu identifizieren und gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.
Die Zeit, die für das Thema thematisieren und damit verbundene Klärungen investiert wird, vermeidet unnötiges Zeitverschwenden, das dessen Ausbleiben verursacht. Das Thema thematisieren verhindert, dass Gespräche mehrfach erfolglos stattfinden. Es verhindert die Entstehung und Verhärtung von Konflikten. Es führt sukzessive zu starken Beziehungen. Beziehungen, die die Teilnahme an Gesprächen zu einem Vergnügung statt zu einer Zeitverschwendung machen. Gespräche, die Synergien ans Tageslicht bringen u.a., weil „ich bin ok, du bist ok“ vollständig gelebt wird. Und zu guter letzt, das Thema thematisieren erzeugt eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der alle Gesprächsteilnehmer*innen ihre Fragen und Wahrnehmungen ansprechen und ihre Lösungsideen darstellen. Das Ende der „Parallelgespräche“ mit sich selbst!
Ich hoffe dir damit Impulse mitgegeben haben, womit du aktiver – egal in welcher Rolle — an deinen zukünftigen Gesprächen teilnehmen kannst. Übe selbst das Thema zu thematisieren und ermögliche den anderen Gesprächspartnern, ihre Themen zu thematisieren. Erlebe den Nutzen und die wunderbaren Momente, die daraus entstehen.
Ich wünsche dir störungsfreie, erfolgreiche und angenehme Gespräche. Ich freue mich auf dein Feedback und Erfahrungsberichte.