Mit der nachfolgenden Geschichte gehe ich auf ein Thema ein, deren Berücksichtigung – aus meiner Sicht – den Unternehmen mehr Erfolg garantiert. Das Thema: Nutzung von Erfahrungen der Anderen, so eine Art Transfer der “Außensicht” nach “Innen”.
Ungefähr zehn Jahre lang war ich in einem Unternehmen als Produktverantwortlicher für eine Software zuständig. Ich kannte mich mit der Software, deren Einsatz und dem Einsatzgebiet sehr gut aus. Durch meine Rolle als Produktverantwortlicher hatte ich den direkten Kontakt mit den Benutzern innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Daher kannte ich (auch) deren Schwierigkeiten bei der Nutzung der Software. Es war offensichtlich, dass einige Funktionalitäten benutzerfreundlicher gestaltet werden konnten und sollten. Auch die Konformität zum Einsatzgebiet sollte verbessert werden. Die Benutzer berichteten mir, dass die Handhabung eher für Studenten geeignet sei als für den produktiven Einsatz. Jede neue Version der Software brachte noch mehr Funktionalitäten mit sich. Funktionalitäten, die nur wenige Kundenwünsche erfüllten. Die Neuerungen schienen mehr die Neugier der Entwickler zu befriedigen.
Vor ca. 18 Jahren hatte ich die Möglichkeit, den Leiter der Software-Entwicklung des Herstellers dieser Software zu treffen. Ein sehr informatives und angenehmes Treffen. Während des Gespräches bat er mich um Feedback. Ich habe ihm versprochen, ihm später die Verbesserungsvorschläge unserer internen Benutzer zuzusenden. Wir hatten diese auch (vorher schon) regelmäßig dem Hersteller mitgeteilt. Zusätzlich gab ich ihm meine persönliche Empfehlung: “Senden Sie bitte regelmäßig eine Ihrer Entwickler*innen zu den Kunden, um z. B. eine Woche direkt mit den tatsächlichen Benutzer*innen Ihrer Software zu arbeiten. Sie werden dann direkt und live erleben, welche Funktionalitäten tatsächlich verwendet, welche tatsächlich gebraucht werden und welche noch fehlen. Dadurch bekommen Ihre Entwickler*innen die Sicht von außen, also aus Sicht der Kunden. Und sie können damit ihre “wissenschaftliche” Sicht um die “produktive” Sicht erweitern und diese Erkenntnisse für die Entwicklung neuer Versionen einfließen lassen. “
Es gibt den Begriff “Betriebsblindheit”. Ich finde den Begriff unpassend. Ich erlebe täglich in unterschiedlichen Unternehmen, dass sich die internen Mitarbeiter*innen enorm für das Unternehmen einsetzen. Sowohl das Unternehmen als auch die einzelnen Mitarbeiter*innen sorgen ständig dafür, dass sie sich weiterbilden und sich neue Erkenntnisse aneignen. Es ist falsch, sie als “betriebsblind” zu bezeichnen. Die eigenen Mitarbeiter*innen sind die Säulen des Unternehmens. Sie sind jahrelang durch “dick und dünn” gegangen und haben das Unternehmen erfolgreich dahin gebracht, wo es jetzt steht.
Um diesen Erfolg fortzusetzen, sollte ihnen “der Blick nach Außen” erleichtert werden. Die “Außen”-Entwicklung – die Entwicklung in der Welt – ist enorm. Die Mitarbeiter*innen sind damit beschäftigt die “internen” Herausforderungen zu meistern. Die zusätzliche “Außen”-Sicht kann ihnen sukzessive und während der Arbeit gezeigt – und betrachtet – werden. Dafür stehen u. a. folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
- Nutzen Sie regelmäßige Retrospektive-Meetings, um die Ideen, Bedarfe und Gedanken Ihrer Mitarbeiter*innen direkt zu erfahren. Identifizieren Sie gemeinsam mit ihnen die zugehörigen Maßnahmen und setzen Sie diese gemeinsam um.
- Ermöglichen Sie Ihren Mitarbeitern*innen – so viel wie möglich – die direkte Zusammenarbeit mit den Kunden. Und vor allem den direkten Austausch mit den tatsächlichen (Be-)Nutzern Ihrer Produkte und Dienstleistungen.
- Setzen Sie externe Mitarbeitern*innen u. a. als Sparringspartner und Unterstützer für Ihre internen Mitarbeitern*innen ein, da sie Erfahrungen und Expertisen aus unterschiedlichen Branchen und Unternehmens mitbringen.
- Organisieren Sie aktiv Informationsveranstaltungen, die Ihren Mitarbeitern*innen eine branchenfremde “Sicht” ermöglichen.
- Sprechen Sie direkt, regelmäßig und bei jeder Gelegenheit mit Ihren Mitarbeitern*innen und hören Sie ihnen aktiv einfühlsam und empathisch zu.
Und wenn jetzt jemand denkt “das kostet alles Geld und Zeit”, dem gebe ich Folgendes mit: Nur derjenige, der rechtzeitig Saaten sät, erntet die gewünschte Ernte, sonst bleiben ihm nur “Unkraut” übrig.
Das Thema kann und soll in jedem Unternehmen und in jeder Branche individuell behandelt werden. Ich hoffe, dass die obigen Impulse die Verantwortlichen dazu bewegen, damit zu starten. Gerne stehe ich Ihnen auch für die Analyse des IST-Zustandes und für einen (Start-) Workshop zur Verfügung. Ich freue mich auf Feedbacks, Meinungen, Vorschläge und weitere Impulse dazu.